March 2011 - Rocktimes

Templo Diez ist eine niederländische Band und verwandt mit Point Quiet, denn Pascal Hallibert, der alle Songs auf "Greyhounds" geschrieben hat, braucht mehr Raum für seine Ideen. Da reicht eine Band nicht. Außerdem steht Templo Diez darüber hinaus für andere Musik, als bei Point Quiet, aus dessen Riege noch Hans Custers hier im Line-up zu finden ist.

Die Platte geht schon ganz anders los, als das Debüt-Album von Point Quiet. Beim Hören von "Nueva York" glaubt man, Lou Reed hätte zusammen mit Velvet Underground die Plattenfirma sowie Genre hin zum Indie Rock gewechselt. Harte Beats paaren sich mit einer schön schrammelnden E-Gitarre in zunächst überschaubaren Gefilden. Dann wird es immer dramatischer, dem Schlagzeug fehlt die anfängliche Kraft und spielt weiterhin im Hintergrund. Halliberts Gesang klingt echt nach Reed und das Glockenspiel sorgt für aufhellende Momente. "Nueva York", immer wieder "Nueva York". Es gibt schon in den ersten vier Minuten viel zu entdecken. Am Ende wird es stets dramatischer und die Nummer endet im geregelten Chaos, dem schlussendlich der Saft abgedreht wird. Wow, welch ein Song!

Dann liebäugelt Templo Diez mit entspannteren Gefühlen und Halliberts Stimme ist so gut, wie man ihn von Point Quiet kennt. Entspannt weswegen, weil der Opener schon viel vom Hörer abverlangt. "My Spring, Your Fall" deutet gegensätzliches an und die Musik drückt dieses perfekt aus. Ist der Beginn noch sphärisch, getragen von Anmut und Banjo, wird die Nummer immer dynamischer und opulenter bis sie zu den anfänglichen Mustern zurückkehrt. Oh Mann, "Greyhounds" ist ein Album, in dem man sich verlaufen kann. Der Hörer steckt in einem Labyrinth, bei dem er gar nicht den Willen verspürt, zum Ausgang zu finden.

Der Titeltrack "Greyhounds" ist ziemlich einfach strukturiert und begegnet dem Hörer mit großem Charme. Wie sich hier Streicher-ähnliche Klänge in den Track einschleichen hat Klasse. Pascal Halliberts Vocals sind nicht nur in dieser Nummer etwas verfremdet effektvoll eingesetzt. Dieser Song könnte der Titeltrack zu einem dramatischen Film sein, dessen Drehbuch noch gar nicht geschrieben wurde. Auch "Holler #2" dürfte im Soundtrack problemlos einen Platz finden. Roman Schippers Trompete öffnet den Vorhang für eine Nummer, die ungemein viel Atmosphäre liefert. Der Titel des Songs "Fine As Powder" drückt genau das aus, was geschrieben steht. Mit Miranda Visser singt Hallibert ein sehnsüchtiges Duett und die Instrumente umgarnen die Stimmen in wunderschöner Lautmalerei. Man kann gar nicht genau ausmachen, welches Instrument da für was zuständig ist. Es ist einfach eine herrliche Allianz der Klänge.

"Light Stroking The Walls" ist noch so ein Track wie der Opener. Templo Diez würde allerdings eine Kopie des ersten Songs nicht gut zu Gesicht stehen. Dafür hat Hallibert viel zu gute Ideen beim Songwriting. Der Track ist aber auch genauso aufwühlend, wie "Nueva York". Fast schon psychedelisch Momente macht man aus und die E-Gitarre brilliert durch tonale Schieflage. Musikalisch ist Templo Diez schon längst am Puls der Zeit und hört mit "Pulse Of The Sun" aber auch ins Innere des Planeten, um den sich alles dreht. Hier stellt sich Roman Schipper mit bestens gespielter Pedal Steel abermals ins Rampenlicht und "She's A Sparrow" verursacht wegen der Stimmung zwischen Trauer und Freude Gänsehaut.

"See Me Walking" ist eine Epos, in dem die Band zunächst Wattebäuschchen durch die Luft schweben lässt und dann die Moleküle geschickt aufwirbelt in schneller Bewegungen versetzt. Der bei Weitem längste Track befindet sich ganz am Ende der Platte. "(Stay With Us) We'll Be Right Back" ist dann das mit besonders viel Atmosphäre versehene Sahnehäubchen. Genuss und zum Schluss orgiastisch rockende Emotionen pur! Es geht über die gesamte CD hinweg erstaunlich vielfältig zu und die dargebotene Musik hat einfach ungemein viel Flair. Templo Diez ist eine echte Entdeckung.

(Joachim 'Joe' Brookes)

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